Dieser Artikel behandelt einen spezifischen Aspekt der Overall Equipment Effectiveness (OEE). Für einen umfassenden Überblick und Grundlagen zur OEE empfehlen wir unseren Hauptartikel:
Zum OEE-HauptartikelDie exakte Berechnung der OEE-Kennzahl (Gesamtanlageneffektivität) ist der Schlüssel zur systematischen Produktionsoptimierung. Anders als oberflächliche Produktionskennzahlen bietet die OEE-Berechnung einen präzisen, mathematisch fundierten Einblick in Ihre Fertigungseffizienz.
Eine korrekt durchgeführte OEE-Berechnung:
Dieser technische Leitfaden führt Sie durch jede Komponente der OEE-Berechnung mit präzisen Formeln, Praxisbeispielen und branchenspezifischen Berechnungsvarianten.
Sie erhalten das nötige mathematische und methodische Rüstzeug, um OEE als strategisches Instrument zur Produktivitätssteigerung einzusetzen.
Bevor Sie in die OEE berechnen können, müssen einige organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden:
Entscheiden Sie zwischen manueller und automatischer Datenerfassung:
Erfassungsmethode | Vorteile | Nachteile | Typische Anwendung |
---|---|---|---|
Manuell (Papierformulare) | Geringe Initialkosten | Fehleranfällig, zeitverzögert | Kleine Betriebe, Pilotprojekte |
Teilautomatisiert (Tablets) | Schnellere Erfassung | Bedarf an digitaler Infrastruktur | Mittelständische Produktion |
Vollautomatisiert (IoT-Sensoren) | Echtzeitdaten, Mikrostillstände erfassbar | Höhere Investitionskosten | Großserienfertigung, Industrie 4.0 |
Wählen Sie für Ihre erste OEE-Berechnung idealerweise:
Die Auswahl der Berechnungsperiode beeinflusst direkt die Aussagekraft Ihrer OEE-Ergebnisse:
Berechnungsperiode | Typische Anwendung | Zu beachten |
---|---|---|
Schicht | Tägliches Shopfloor-Management | Hohe Datengranularität, zeigt Bedienereinflüsse |
Tag | Produktionsleitung, tägliche Steuerung | Guter Kompromiss zwischen Detail und Übersicht |
Woche | Mittelfristige Optimierung | Glättet Tageschwankungen |
Monat | Management-Reporting | Trends erkennbar, Details gehen verloren |
Ein effektives OEE-Berechnungsteam umfasst idealerweise:
Vom Kennzahlen-Wirrwarr zum übersichtlichen Dashboard: So gelingt die professionelle OEE-Datenerfassung
Die OEE-Berechnung basiert auf einer multiplikativen Verknüpfung der drei Kernfaktoren:
Grafische Darstellung der OEE-Berechnungsformel mit den drei Faktoren Verfügbarkeit, Leistung und Qualität, die multipliziert den OEE-Wert ergeben. OEE-Grundformel Verfügbarkeit Leistung Qualität × × OEE = Verfügbarkeit × Leistung × Qualität Abb. 1: Die OEE-Grundformel visualisiert die multiplikative Verknüpfung der drei Kernfaktoren Verfügbarkeit, Leistung und QualitätDiese mathematische Struktur hat entscheidende Implikationen:
Multiplikativer Zusammenhang: Durch die Multiplikation verstärken sich Defizite in den einzelnen Faktoren. Dies macht die OEE besonders sensitiv für Schwachstellen.
Mathematische Eigenschaften:
OEE = Verfügbarkeit × Leistung × Qualität
Verfügbarkeit = Tatsächliche Betriebszeit / Geplante Produktionszeit
Leistung = (Ideale Zykluszeit × Produzierte Stückzahl) / Tatsächliche Betriebszeit
Qualität = Gut-Teile / Produzierte Stückzahl
Ein produzierendes Unternehmen hat folgende Werte ermittelt:
Die OEE-Berechnung erfolgt in drei Schritten:
Schritt 1: Verfügbarkeit berechnen
Verfügbarkeit = (480 - 60) / 480 = 420 / 480 = 0,875 = 87,5%
Schritt 2: Leistung berechnen
Idealer Output = 420 / 2 = 210 Teile
Leistung = 180 / 210 = 0,857 = 85,7%
Schritt 3: Qualität berechnen
Qualität = 171 / 180 = 0,95 = 95%
OEE-Gesamtberechnung
OEE = 0,875 × 0,857 × 0,95 = 0,712 = 71,2%
Dieser Wert von 71,2% zeigt, dass die Anlage nur knapp über 70% ihrer theoretischen Kapazität erreicht.
Der Verfügbarkeitsfaktor ist mathematisch definiert als:
Verfügbarkeit = Tatsächliche Betriebszeit / Geplante Produktionszeit
Für eine präzise Berechnung müssen die Zeitkomponenten exakt definiert werden:
Eine präzise Kategorisierung der Stillstände ist entscheidend:
Stillstandstyp | Einfluss auf Verfügbarkeit | Beispiele | Erfassungsmethode |
---|---|---|---|
Geplante Stillstände | Nicht in Berechnung einbezogen | Wartung, Schichtwechsel, Pausen | Arbeitsplan, Schichtplan |
Ungeplante Stillstände >5 Min | Reduzieren Verfügbarkeit | Maschinenausfälle, Materialengpässe | Störmeldungen, Stillstandsprotokoll |
Mikrostillstände <5 Min | Je nach Definition | Materialstaus, Kleineinstellungen | Automatische IoT-Erfassung |
Rüstzeiten | Abhängig von Definition | Werkzeugwechsel, Umrüstung | Rüstprotokoll, MES-System |
Schichtlänge: 480 Minuten (8 Stunden)
Geplante Pausen: 30 Minuten
Geplante Wartung: 20 Minuten
Geplante Produktionszeit: 480 - 30 - 20 = 430 Minuten
Ungeplante Stillstände:
- Maschinenausfall: 35 Minuten
- Materialengpass: 18 Minuten
- Werkzeugbruch: 12 Minuten
Summe ungeplanter Stillstand: 65 Minuten
Tatsächliche Betriebszeit: 430 - 65 = 365 Minuten
Verfügbarkeit = 365 / 430 = 0,849 = 84,9%
Nichterfassung von Mikrostillständen: In einer Schicht können fünfzig 3-Minuten-Stops einen Gesamtverlust von 150 Minuten bedeuten, die bei manueller Erfassung oft unentdeckt bleiben.
Falsche Zuordnung geplanter Stillstände: Wartungszeiten werden manchmal fälschlicherweise als ungeplante Stillstände kategorisiert, was die Verfügbarkeit künstlich verschlechtert.
Inkonsistente Definitionen der Rüstzeiten: Je nach Unternehmen werden Rüstzeiten unterschiedlich behandelt. Wichtig ist eine konsistente Definition.
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IoT-Sensorik für Echtzeiterfassung: Automatische Erfassung von Maschinensignalen ermöglicht die Identifikation von Mikrostillständen ab 3 Sekunden.
Stillstandskodierung: Implementieren Sie ein standardisiertes Kodierungssystem für Stillstandsursachen (z.B. technisch, organisatorisch, material- oder personalbezogen).
OEE-Dashboards: Visualisieren Sie Stillstandszeiten in Echtzeit, um sofortige Reaktionen zu ermöglichen.
Der Leistungsfaktor misst, wie nahe die tatsächliche Produktionsgeschwindigkeit an der theoretisch möglichen liegt:
Leistung = (Ideale Zykluszeit × Produzierte Stückzahl) / Tatsächliche Betriebszeit
Alternativ kann die Formel auch umgestellt werden:
Leistung = Tatsächliche Produktionsrate / Ideale Produktionsrate
Die korrekte Bestimmung der idealen Zykluszeit ist entscheidend für eine realistische Leistungsberechnung:
Methode | Beschreibung | Vor- und Nachteile |
---|---|---|
Herstellerangaben | Technische Daten des Maschinenherstellers | Oft zu optimistisch, berücksichtigt keine Betriebsbedingungen |
Design-Kapazität | Ausgelegter Durchsatz der Anlage | Realitätsnäher, aber ohne Betriebseinflüsse |
Best-Demonstrated-Performance | Bestleistung unter realen Bedingungen | Realistisch, aber evtl. nicht dauerhaft erreichbar |
Statistische Analyse | Erfassung der schnellsten 10% der Zyklen | Wissenschaftlicher Ansatz, praxisnah |
Empfohlener Ansatz: Kombinieren Sie Best-Demonstrated-Performance mit statistischer Analyse und verifizieren Sie die Ergebnisse durch Zeitstudien.
Die Leistungsberechnung kann mit verschiedenen Zeiteinheiten durchgeführt werden:
Tatsächliche Betriebszeit: 6,5 Stunden (390 Minuten)
Ideale Zykluszeit: 30 Sekunden pro Teil = 0,5 Minuten = 0,00833 Stunden
Produzierte Teile: 650 Stück
Leistung = (0,00833 × 650) / 6,5 = 5,41 / 6,5 = 0,832 = 83,2%
Tatsächliche Betriebszeit: 390 Minuten = 23.400 Sekunden
Ideale Zykluszeit: 30 Sekunden pro Teil
Produzierte Teile: 650 Stück
Leistung = (30 × 650) / 23.400 = 19.500 / 23.400 = 0,833 = 83,3%
Die minimale Abweichung (83,2% vs. 83,3%) zeigt die Bedeutung einer konsistenten Verwendung von Zeiteinheiten.
Produktmix-Einfluss: Bei verschiedenen Produkten mit unterschiedlichen Zykluszeiten muss eine gewichtete Berechnung erfolgen:
Produkt A: 400 Teile, ideale Zykluszeit 30 Sekunden
Produkt B: 250 Teile, ideale Zykluszeit 45 Sekunden
Gesamte ideale Produktionszeit = (400 × 30) + (250 × 45) = 12.000 + 11.250 = 23.250 Sekunden
Leistung = 23.250 / Tatsächliche Betriebszeit in Sekunden
Leistungswerte über 100%: Ein Leistungswert über 100% ist ein klares Indiz für eine zu niedrig angesetzte ideale Zykluszeit. In diesem Fall sollte die Referenzzeit überprüft und angepasst werden.
Dynamische Geschwindigkeitsanpassung: Bei Anlagen mit variabler Geschwindigkeit (z.B. abhängig von Materialien oder Temperatur) kann die ideale Zykluszeit schwanken. Hier ist eine dynamische Berechnung basierend auf aktuellen Bedingungen notwendig.
Tatsächliche Betriebszeit: 405 Minuten = 24.300 Sekunden
Ideale Zykluszeit: 4 Sekunden pro Verpackung
Produzierte Verpackungen: 5.000 Stück
Idealer Output in 24.300 Sekunden = 24.300 / 4 = 6.075 Verpackungen
Leistung = 5.000 / 6.075 = 0,823 = 82,3%
Alternativ mit direkter Formel:
Leistung = (4 × 5.000) / 24.300 = 20.000 / 24.300 = 0,823 = 82,3%
Automatische Taktzeiterfassung: Implementieren Sie Sensoren, die Zykluszeiten in Echtzeit messen und Variationen erkennen.
Statistische Prozessgrenzen: Definieren Sie obere und untere Kontrollgrenzen für Zykluszeiten, um abnormale Geschwindigkeitsschwankungen zu identifizieren.
Leistungstrend-Analyse: Überwachen Sie die Entwicklung der Leistung über Zeit, um schleichende Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen.
Der Qualitätsfaktor quantifiziert den Anteil der fehlerfreien Produktion an der Gesamtproduktion:
Qualität = Anzahl guter Teile / Gesamtanzahl produzierter Teile
Die Qualitätskomponente der OEE unterscheidet sich von klassischen Qualitätskennzahlen durch ihren Fokus auf Ausschuss und Nacharbeit direkt am Entstehungsort.
Für eine exakte Qualitätsberechnung ist die Definition von "guten Teilen" entscheidend:
Kategorie | Für OEE-Berechnung | Begründung |
---|---|---|
Fehlerfreie Teile | Zählen als "gut" | Entsprechen Qualitätsanforderungen ohne Nacharbeit |
Teile mit Nacharbeit | Zählen NICHT als "gut" | Verursachen zusätzlichen Ressourceneinsatz |
Ausschuss | Zählen NICHT als "gut" | Vollständiger Verlust der Wertschöpfung |
Werkzeugteile/Muster | Je nach Definition | Klare Regelung erforderlich |
Eine differenzierte Qualitätsberechnung unterscheidet zwischen verschiedenen Arten von Qualitätsverlusten:
Gesamte Produktion: 1.000 Teile
Fehlerfreie Teile: 940 Teile
Nacharbeit: 35 Teile
Ausschuss: 25 Teile
Qualität = 940 / 1.000 = 0,94 = 94%
Alternativ kann die Berechnung auch über die Verluste erfolgen:
Qualität = (1.000 - 35 - 25) / 1.000 = 940 / 1.000 = 0,94 = 94%
Der Zeitpunkt der Qualitätskontrolle beeinflusst die OEE-Berechnung entscheidend:
Kontrollzeitpunkt | Auswirkung auf OEE-Berechnung | Zu beachten |
---|---|---|
Direkt nach Produktion | Zeitnahe Daten, direkte Rückkopplung | Nicht alle Fehler sofort erkennbar |
Nach Zwischenlagerung | Umfassendere Qualitätsbewertung | Zeitverzögerung bei der Berechnung |
Nach weiteren Prozessschritten | Spätere Fehlerentdeckung | Komplexe Ursachenzuordnung |
Best Practice: Implementieren Sie ein mehrstufiges Qualitätssystem, das sowohl direkte als auch nachgelagerte Kontrollen umfasst, und definieren Sie klar, welche Daten in die OEE-Berechnung einfließen.
Bei kontinuierlichen Prozessen (z.B. Chemie, Papierherstellung) wird die Qualität anders berechnet:
Qualität = Menge in Spezifikation / Gesamte produzierte Menge
Beispiel:
Gesamtproduktion: 10.000 Liter
Spezifikationsgerechte Produktion: 9.700 Liter
Qualität = 9.700 / 10.000 = 0,97 = 97%
Gesamtproduktion: 5.000 Leiterplatten
Fehlerfreie Leiterplatten: 4.800
Leiterplatten mit Lötfehlern (Ausschuss): 150
Leiterplatten mit reparierbaren Defekten (Nacharbeit): 50
Qualität = 4.800 / 5.000 = 0,96 = 96%
Einbeziehung von Nacharbeit als "gute Teile": Nacharbeit verursacht zusätzliche Kosten und sollte als Qualitätsverlust betrachtet werden.
Fehlende Rückverfolgbarkeit von Qualitätsproblemen: Ohne klare Ursachenzuordnung ist keine gezielte Verbesserung möglich.
Zeitliche Verzögerung bei der Qualitätserfassung: Qualitätsdaten müssen zeitnah in die OEE-Berechnung einfließen, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern.
Die Multiplikation der drei Faktoren ergibt den OEE-Wert:
OEE = Verfügbarkeit × Leistung × Qualität
Aus unseren vorherigen Beispielen:
OEE = 0,849 × 0,823 × 0,96 = 0,671 = 67,1%
OEE-Wert | Bewertung | Typische Ursachen | Handlungsempfehlung |
---|---|---|---|
<60% | Unterdurchschnittlich | Erhebliche Verluste in mehreren Faktoren | Umfassende Analyse aller Faktoren, Priorität auf größten Verlustfaktor |
60-75% | Durchschnittlich | Typisch für viele Unternehmen ohne systematische OEE-Optimierung | Gezielte Verbesserung des schwächsten Faktors |
75-85% | Gut | Etablierte Verbesserungsprozesse | Feinoptimierung und standardisierte Prozesse |
>85% | Weltklasse | Hochentwickelte Prozesse mit kontinuierlicher Optimierung | Stabilisierung und Standardisierung der Prozesse |
Die folgende Tabelle zeigt typische OEE-Benchmark-Werte für verschiedene Industriezweige:
Industriezweig | Unterdurchschnittlich | Durchschnittlich | Gut | Weltklasse |
---|---|---|---|---|
Automobilindustrie | < 70% | 70-85% | 85-90% | > 90% |
Prozessindustrie (kontinuierlich) | < 75% | 75-85% | 85-90% | > 90% |
Maschinenbau | < 60% | 60-75% | 75-85% | > 85% |
Kunststoff | < 65% | 65-80% | 80-85% | > 85% |
Lebensmittel | < 60% | 60-75% | 75-80% | > 80% |
Pharmaindustrie | < 60% | 60-70% | 70-80% | > 80% |
Metallverarbeitung | < 55% | 55-70% | 70-80% | > 80% |
Druckindustrie | < 50% | 50-65% | 65-75% | > 75% |
Ein wichtiger Aspekt der OEE-Berechnung ist die Priorisierung von Verbesserungsmaßnahmen basierend auf den Ergebnissen:
Pareto-Analyse der Verluste: Identifizieren Sie die Hauptverlustquellen nach dem 80/20-Prinzip.
Vergleich der Faktoren: In unserem Beispiel ist die Leistung mit 82,3% der schwächste Faktor, sollte also zuerst optimiert werden.
ROI-Analyse: Berechnen Sie die finanziellen Auswirkungen von Verbesserungen:
Bei einer Anlage mit 2.000 Betriebsstunden/Jahr und einem Maschinenstundensatz von 250€:
- Aktueller OEE: 67,1%
- Ziel-OEE nach Verbesserung: 75%
- Differenz: 7,9%
Zusätzliche produktive Zeit: 2.000 × 0,079 = 158 Stunden/Jahr
Finanzieller Vorteil: 158 × 250€ = 39.500€/Jahr
Bei der OEE-Berechnung treten regelmäßig spezifische Fehler auf, die zu ungenauen oder irreführenden Ergebnissen führen können:
Problem: Die ideale Zykluszeit wird oft aus Herstellerangaben übernommen, die unter Laborbedingungen ermittelt wurden. Dies führt häufig zu Leistungswerten über 100%, was mathematisch unmöglich ist.
Laut Hersteller: 3 Sekunden pro Teil
Realistische Zykluszeit: 4 Sekunden pro Teil
Bei Verwendung der Herstellerangabe:
Leistung = (3 × 1.000) / 3.300 = 0,909 = 90,9%
Bei 3,5-Sekunden-Zyklen in der Realität:
Tatsächliche Leistung = (4 × 1.000) / 3.300 = 1,212 = 121,2% (unmöglich!)
Lösung:
Problem: Mikrostillstände (unter 5 Minuten) werden bei manueller Erfassung oft übersehen, summieren sich aber zu erheblichen Verlusten.
50 Mikrostillstände à 3 Minuten = 150 Minuten Gesamtverlust (2,5 Stunden!)
Bei geplanter Produktionszeit von 8 Stunden sind das 31,25% Verfügbarkeitsverlust
Lösung:
Problem: Rüstzeiten werden in verschiedenen Unternehmen unterschiedlich in die OEE-Berechnung einbezogen.
Variante 1: Rüsten ist geplante Nicht-Produktionszeit → nicht in OEE einbezogen
Variante 2: Rüsten ist ungeplanter Stillstand → reduziert Verfügbarkeit
Variante 3: Nur Rüstzeiten über Standard-Rüstzeit reduzieren Verfügbarkeit
Lösung:
Problem: Nachgearbeitete Teile werden fälschlicherweise als "gute Teile" gezählt, was die Qualitätskomponente verfälscht.
1.000 produzierte Teile
900 sofort fehlerfreie Teile
80 Teile mit Nacharbeit
20 Teile Ausschuss
Falsche Berechnung: Qualität = (900 + 80) / 1.000 = 0,98 = 98%
Korrekte Berechnung: Qualität = 900 / 1.000 = 0,9 = 90%
Lösung:
Problem: Die Verwendung unterschiedlicher Zeiteinheiten (Stunden, Minuten, Sekunden) kann zu Berechnungsfehlern führen.
Betriebszeit: 390 Minuten
Zykluszeit: 45 Sekunden
Falsche Berechnung mit gemischten Einheiten:
Leistung = (45 × 500) / 390 = 57,7 (Unsinn!)
Korrekte Berechnung mit einheitlichen Zeitmaßen:
Leistung = (45 × 500) / (390 × 60) = 0,962 = 96,2%
Lösung:
Die OEE-Berechnung muss an die spezifischen Anforderungen verschiedener Branchen angepasst werden, um aussagekräftige Ergebnisse zu liefern.
In der Automobilfertigung mit komplexen Linien und taktgebundenen Prozessen sind folgende Anpassungen üblich:
Leistung = Gesamtoutput / (Engpass-Stationskapazität × Betriebszeit)
Besonderheiten:
In kontinuierlichen Prozessen ohne diskrete Teile:
Leistung = Tatsächlicher Durchsatz / Nomineller maximaler Durchsatz
Besonderheiten:
In der Lebensmittelindustrie mit hohen Hygienestandards:
Verfügbarkeit = Betriebszeit / (Schichtzeit - Reinigungszeit)
Besonderheiten:
In der stark regulierten Pharmaproduktion:
Qualität = (Produzierte Menge - Ausschuss - Abweichungen - Quarantäne) / Produzierte Menge
Besonderheiten:
Kontinuierliche Fertigungsprozesse (z.B. in der Chemie-, Papier- oder Stahlindustrie) erfordern eine angepasste OEE-Berechnung, da hier keine diskreten Einheiten produziert werden.
Verfügbarkeit: Die Berechnung bleibt grundsätzlich gleich, berücksichtigt aber auch Teillastbetrieb:
Verfügbarkeit = Produktive Zeit / Geplante Produktionszeit
Leistung = Tatsächlicher Durchsatz / Maximaler Durchsatz
Qualität = Menge innerhalb Spezifikation / Gesamtproduzierte Menge
Geplante Produktionszeit: 24 Stunden
Stillstände: 2,5 Stunden
Teillastbetrieb (75%): 4 Stunden
Maximaler Durchsatz: 25 Tonnen/Stunde
Durchschnittlicher Durchsatz während Vollbetrieb: 22 Tonnen/Stunde
Durchschnittlicher Durchsatz während Teillastbetrieb: 18 Tonnen/Stunde
Gesamtproduktion: 22 × 17,5 + 18 × 4 = 385 + 72 = 457 Tonnen
Theoretische Maximalproduktion: 25 × 21,5 = 537,5 Tonnen
Außerhalb Spezifikation: 23 Tonnen
Verfügbarkeit = 21,5 / 24 = 0,896 = 89,6%
Leistung = 457 / 537,5 = 0,85 = 85%
Qualität = (457 - 23) / 457 = 0,95 = 95%
OEE = 0,896 × 0,85 × 0,95 = 0,724 = 72,4%
Die "Six Big Losses" sind die sechs Hauptverlustquellen, die die OEE negativ beeinflussen. Diese systematische Kategorisierung hilft, Verbesserungspotenziale gezielt zu identifizieren und zu quantifizieren.
Verlustquelle | OEE-Faktor | Typische Ursachen | Typisches Optimierungspotenzial |
---|---|---|---|
1. Anlagenausfälle | Verfügbarkeit | Technische Defekte, Werkzeugbruch | 5-20% Verbesserung |
2. Rüst- und Einstellzeiten | Verfügbarkeit | Produktwechsel, Werkzeugwechsel | 10-30% Verbesserung |
3. Kurze Stillstände | Leistung | Materialstaus, kleine Störungen | 5-15% Verbesserung |
4. Reduzierte Geschwindigkeit | Leistung | Suboptimale Einstellungen, Verschleiß | 5-25% Verbesserung |
5. Anlaufverluste | Qualität | Instabile Prozesse nach Neustart | 1-5% Verbesserung |
6. Qualitätsverluste | Qualität | Prozessschwankungen, Materialfehler | 2-10% Verbesserung |
1. Anlagenausfälle
Anlagenausfallverlust (%) = (Ausfallzeit / Geplante Produktionszeit) × 100
Beispiel:
Ausfallzeit: 85 Minuten
Geplante Produktionszeit: 480 Minuten
Verlust = (85 / 480) × 100 = 17,7%
2. Rüst- und Einstellzeiten
Rüstzeitverlust (%) = (Rüstzeit / Geplante Produktionszeit) × 100
Beispiel:
Rüstzeit: 45 Minuten
Geplante Produktionszeit: 480 Minuten
Verlust = (45 / 480) × 100 = 9,4%
3. Kurze Stillstände
Kurzstillstandsverlust (%) = (Anzahl Teile bei idealer Geschwindigkeit ohne Kurzstillstände -
Tatsächlich produzierte Teile) / Anzahl Teile bei idealer Geschwindigkeit
Beispiel:
Ideale Produktion ohne Kurzstillstände: 5.000 Teile
Tatsächliche Produktion: 4.600 Teile
Verlust = (5.000 - 4.600) / 5.000 = 0,08 = 8%
4. Reduzierte Geschwindigkeit
Geschwindigkeitsverlust (%) = (Ideale Zykluszeit × Produzierte Teile) / Netto-Betriebszeit - 1
Beispiel:
Ideale Zykluszeit: 30 Sekunden
Produzierte Teile: 800
Netto-Betriebszeit: 450 Minuten = 27.000 Sekunden
Verlust = (30 × 800) / 27.000 - 1 = 24.000 / 27.000 - 1 = 0,889 - 1 = -0,111 = 11,1%
5. Anlaufverluste
Anlaufverlust (%) = Anzahl Ausschussteile während Anlauf / Gesamte produzierte Teile während Betriebszeit
Beispiel:
Ausschuss während Anlauf: 25 Teile
Gesamtproduktion: 1.200 Teile
Verlust = 25 / 1.200 = 0,021 = 2,1%
6. Qualitätsverluste während stabiler Produktion
Qualitätsverlust (%) = (Ausschuss + Nacharbeit während stabiler Produktion) /
Gesamte produzierte Teile
Beispiel:
Ausschuss während stabiler Produktion: 20 Teile
Nacharbeit: 35 Teile
Gesamtproduktion: 1.200 Teile
Verlust = (20 + 35) / 1.200 = 55 / 1.200 = 0,046 = 4,6%
Die Pareto-Analyse hilft, die bedeutendsten Verlustquellen zu identifizieren und Optimierungsmaßnahmen zu priorisieren:
Beispiel:
Verlustanalyse einer Verpackungslinie:
- Kurze Stillstände: 12% (Materialstaus)
- Anlagenausfälle: 8% (Defekte Förderbänder)
- Rüstzeiten: 7% (Formatwechsel)
- Reduzierte Geschwindigkeit: 6% (Verschlissene Lager)
- Qualitätsverluste: 3% (Fehlklebungen)
- Anlaufverluste: 1% (Instabile Parameter)
Top-2-Verluste (Kurzstillstände und Anlagenausfälle) verursachen bereits 20% von 37% Gesamtverlust = 54% der Verluste
Die digitale Transformation und Industrie 4.0-Technologien revolutionieren die OEE-Berechnung durch Echtzeitdaten, automatisierte Analysen und prädiktive Funktionen.
Moderne IoT-Sensoren liefern hochpräzise Echtzeit-Daten für eine exakte OEE-Berechnung:
Datentyp | Erfassungsmethode | Vorteile | Auswirkung auf OEE-Berechnung |
---|---|---|---|
Maschinenzustände | SPS-Anbindung, I/O-Signale | Automatisierte Erfassung ohne Benutzereingriffe | Präzise Verfügbarkeitsberechnung mit Mikrostillständen |
Taktzeiterfassung | Lichtschranken, Näherungssensoren | Hohe Genauigkeit, echtzeitnahe Datenerfassung | Exakte Leistungsberechnung in Echtzeit |
Stückzahlerfassung | Vision-Systeme, RFID-Tracking | Automatische Zählung und Identifikation | Genaue Input/Output-Messung für Qualitätsberechnung |
Prozessparameter | Temperatur-, Druck-, Vibrationssensoren | Kontinuierliche Überwachung kritischer Parameter | Frühwarnsystem für Qualitäts- und Leistungsprobleme |
Technisches Setup:
Maschinensignal → Edge-Device → OEE-Software → Dashboards
Wichtige Schnittstellen:
- OPC UA für standardisierte Maschinenkommunikation
- MQTT für leichtgewichtige IoT-Kommunikation
- REST-APIs für Integration mit übergeordneten Systemen
KI-Algorithmen verbessern die OEE-Berechnung durch intelligente Musterkennung:
Automatische Stillstandskategorisierung: ML-Algorithmen klassifizieren Stillstände automatisch basierend auf Mustern und Signalen, was manuelle Eingaben reduziert.
Dynamische Anpassung idealer Zykluszeiten: Selbstlernende Systeme passen ideale Zykluszeiten basierend auf Produktvarianten, Materialien und Umgebungsbedingungen an.
Präzisere Qualitätsvorhersage: Predictive Quality nutzt Prozessparameter, um Qualitätsprobleme vorherzusagen, bevor sie auftreten.
Beispiel:
Traditionelle Berechnung:
Feste ideale Zykluszeit für Produkt A: 45 Sekunden
ML-optimierte Berechnung:
Dynamische ideale Zykluszeit für Produkt A mit Material X bei Temperatur Y: 42,3 Sekunden
Cloud-basierte OEE-Berechnung für globale Produktionsnetzwerke
Cloud-Plattformen ermöglichen standortübergreifende OEE-Analysen:
Architektur:
Lokale Datenerfassung → Edge-Computing (Vorverarbeitung) → Cloud-Plattform → Globale Dashboards
Vorteile:
Digitale Zwillinge ermöglichen die Simulation von Produktionsprozessen zur Prognose und Optimierung der OEE:
What-If-Analysen:
"Wie verändert sich die OEE, wenn wir Rüstzeiten um 20% reduzieren?"
"Welchen Effekt hat eine Erhöhung der Maschinengeschwindigkeit um 5% auf die Qualität?"
Optimale Produktionsplanung:
Simulation verschiedener Produktionssequenzen zur Minimierung von Rüstzeiten
Berechnung der optimalen Losgröße für maximale OEE
Kapazitätsplanung:
Prognose der benötigten Kapazität basierend auf historischen OEE-Werten
Simulation von Spitzenlasten und deren Auswirkung auf die OEE
Für eine aussagekräftige OEE-Berechnung ist eine strukturierte Datenerfassung und -analyse unerlässlich.
Ein effektiver Datenerfassungsplan umfasst folgende Komponenten:
Stammdaten:
Bewegungsdaten:
Erfassungsintervalle:
Für aussagekräftige OEE-Analysen müssen Daten sinnvoll aggregiert werden:
Zeitliche Aggregation:
Produkt- und Anlagenbezogene Analyse:
OEE nach Produktfamilie:
- Produkt A: 82%
- Produkt B: 68%
- Produkt C: 75%
OEE nach Schichtteam:
- Team 1: 76%
- Team 2: 74%
- Team 3: 69%
Drill-Down-Fähigkeit: Die Möglichkeit, von aggregierten Daten auf Detailebene zu navigieren, ist entscheidend für die Ursachenanalyse:
OEE Gesamtwert → Faktor mit größtem Verlust → Hauptverlustquelle → Spezifische Vorfälle → Detailanalyse
Eine effektive Visualisierung ist entscheidend für die Interpretation und Kommunikation von OEE-Daten:
Operative Dashboards:
Taktische Analysetools:
Strategische Reports:
Für die praktische Implementierung stehen verschiedene Tools zur Verfügung, von einfachen Tabellenkalkulationen bis zu komplexen Manufacturing Execution Systems (MES).
Für Einsteiger und kleine Betriebe bietet Excel einen guten Startpunkt:
Vorteile:
Nachteile:
Beispiel-Template-Struktur:
Dedizierte OEE-Software bietet umfassende Funktionen für professionelle Anwendungen:
Kernfunktionen:
Auswahlkriterien:
Manufacturing Execution Systems bieten OEE als Teil einer ganzheitlichen Produktionssteuerung:
Vorteile der Integration:
Integration mit anderen Kennzahlen:
Moderne OEE-Lösungen nutzen Cloud-Technologien für maximale Flexibilität und Skalierbarkeit:
Technische Vorteile:
Funktionale Highlights:
Die Berechnung der Gesamtanlageneffektivität ist weit mehr als eine mathematische Übung – sie ist der Schlüssel zu nachhaltiger Produktivitätssteigerung in der Fertigung.
Für langfristigen Erfolg muss die OEE-Berechnung in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess eingebettet werden:
Die praktische Erfahrung aus zahlreichen OEE-Implementierungen zeigt, dass folgende Faktoren entscheidend sind:
Lösen Sie zunächst einfache, hochfrequente Probleme mit geringem Aufwand.
Nutzen Sie OEE-Daten zur Priorisierung von Investitionen mit optimalem ROI.
Die systematische OEE-Berechnung und -Optimierung ist ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen. Transformieren Sie Ihre Produktion von einer Kostenstelle zum strategischen Wettbewerbsvorteil!
Bewährte Strategien und Verfahren aus über 200 erfolgreichen OEE-Projekten.