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Work in Progress (WIP) - Definition, Bedeutung und Optimierung

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Was ist Work in Progress (WIP)?

Work in Progress (WIP), auch als "Ware in Arbeit" oder "Umlaufbestand" bezeichnet, umfasst alle Materialien, Komponenten und teilweise fertiggestellten Produkte, die sich aktuell im Produktionsprozess befinden, aber noch nicht für den Verkauf bereit sind. WIP repräsentiert gebundenes Kapital, das zwischen Rohstoffen und Fertigerzeugnissen steht und die Ressourcen (Material, Arbeit, Betriebsmittel), die bereits in den Fertigungsprozess investiert wurden.

DEFINITION

Work in Progress bezeichnet den Bestand an Material, das bereits in den Produktionsprozess eingeflossen ist, aber noch nicht zu fertigen Produkten verarbeitet wurde. WIP umfasst Rohstoffe, Komponenten, Baugruppen und halbfertige Erzeugnisse, die sich physisch in der Fertigung befinden und Kapital binden.

Im Gegensatz zu Rohstoffen (die noch nicht in den Produktionsprozess eingetreten sind) und Fertigwaren (die den Produktionsprozess vollständig durchlaufen haben), befindet sich WIP im Übergangsbereich – mitten im Wertschöpfungsprozess. In der Bilanz eines Unternehmens wird WIP als Umlaufvermögen eingestuft.


Die wirtschaftliche Bedeutung von WIP für produzierende Unternehmen

Der Umfang des WIP-Bestands hat weitreichende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und Rentabilität eines Fertigungsbetriebs:

1. Kapitalbindung und Cash-Flow

WIP repräsentiert gebundene finanzielle Mittel, die noch keinen Ertrag generieren. Hohe WIP-Bestände bedeuten:

  • Eingeschränkte Liquidität: Kapital, das in unfertigen Produkten gebunden ist, steht nicht für andere Investitionen zur Verfügung
  • Erhöhte Opportunitätskosten: Das in WIP investierte Kapital könnte anderweitig gewinnbringend eingesetzt werden
  • Verzögerte Kapitalrendite: Je länger Produkte im WIP-Status verbleiben, desto später erfolgt der Return on Investment

Bei einer durchschnittlichen Herstellkostenstruktur können bereits 20% Reduktion des WIP-Bestands zu einer Verbesserung des Free Cash Flows um 5-8% führen.

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2. Kosten und Risiken

WIP verursacht verschiedene direkte und indirekte Kosten:

  • Lagerkosten: Physischer Platzbedarf in der Produktion
  • Handhabungskosten: Mehrfaches Bewegen und Transportieren von Materialien
  • Versicherungs- und Steuerkosten: Bestände müssen versichert werden und unterliegen teilweise der Bestandsbesteuerung
  • Wertverlustrisiko: Veraltung, Beschädigung, Verderb oder technische Überholung
  • Qualitätsrisiken: Spätere Erkennung von Qualitätsproblemen erhöht Nacharbeitskosten

3. Durchlaufzeiten und Flexibilität

Das Niveau des WIP beeinflusst direkt:

  • Durchlaufzeiten: Nach dem Little's Law steigt die Durchlaufzeit proportional zum WIP-Bestand
  • Reaktionsfähigkeit: Hohe WIP-Bestände verlängern die Reaktionszeit auf Marktveränderungen
  • Planbarkeit: Übermäßiger WIP erschwert die Prognose von Fertigstellungsterminen
  • Flexibilität: Gebundene Ressourcen in einem Produkttyp limitieren die Fähigkeit, auf andere Produkte umzustellen

Kennzahlen zur WIP-Messung und -Steuerung

Für ein effektives WIP-Management sind verschiedene Kennzahlen relevant:

1. Absolute WIP-Kennzahlen

  • WIP-Wert: Monetäre Bewertung der unfertigen Erzeugnisse (in €)
  • WIP-Menge: Physische Anzahl der Teile/Komponenten im Produktionsprozess
  • WIP-Tage: Bestand an unfertigen Erzeugnissen im Verhältnis zum täglichen Output (Reichweite)

2. Relative WIP-Kennzahlen

  • WIP-Ratio: Verhältnis von WIP-Wert zum Umsatz (WIP-Wert / monatlicher Umsatz)
  • WIP-Turn: Wie oft der durchschnittliche WIP-Bestand umgeschlagen wird (Jahresproduktionswert / durchschnittlicher WIP-Wert)
  • WIP-to-FG-Ratio: Verhältnis von unfertigen zu fertigen Erzeugnissen

3. Dynamische WIP-Kennzahlen

  • WIP-Fluktuation: Schwankungsbreite des WIP-Bestands über einen definierten Zeitraum
  • WIP-Durchlaufrate: Geschwindigkeit, mit der Material durch den WIP-Status fließt
  • WIP-Aging: Altersstruktur des WIP-Bestands zur Identifikation von Stagnationspunkten

Ein optimales WIP-Management erfordert eine ausgewogene Betrachtung dieser Kennzahlen, angepasst an die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Produktionssystems.


Optimierungsstrategien für Work in Progress

Die Optimierung von WIP-Beständen ist ein zentrales Element moderner Produktionsstrategien. Hier sind die effektivsten Ansätze:

1. Lean Manufacturing und Just-in-Time (JIT)

Lean-basierte Strategien zielen darauf ab, WIP systematisch zu reduzieren:

  • Pull-Systeme: Produktion nur bei Bedarf durch nachgelagerte Prozesse
  • Kanban: Visuelle Steuerungssysteme zur Begrenzung des WIP zwischen Prozessschritten
  • One-Piece-Flow: Kontinuierlicher Fluss von Einzelteilen statt Batchverarbeitung
  • Takt-Zeit-Harmonisierung: Abstimmung der Prozesszeiten zur Vermeidung von Engpässen

Praxisbeispiel: Ein Automobilzulieferer konnte durch die Einführung eines Kanban-Systems seinen WIP-Bestand um 47% reduzieren, was die Durchlaufzeit um 62% verkürzte und die Produktivität um 23% steigerte.

2. Theory of Constraints (TOC) und Drum-Buffer-Rope

Die TOC konzentriert sich auf die Identifikation und Optimierung von Engpässen:

  • Engpassanalyse: Identifikation der limitierenden Faktoren im Produktionsfluss
  • Strategische Puffer: Gezielter Einsatz von WIP-Puffern vor Engpässen
  • Synchronisierte Produktion: Abstimmung des Gesamtflusses auf den Engpass
  • Durchsatzmaximierung: Fokus auf maximale Auslastung der Engpassressourcen

Praxisbeispiel: Ein Elektronikhersteller identifizierte seinen Engpass im Testprozess und implementierte gezielte Puffer. Dies führte zu einer Steigerung des Gesamtdurchsatzes um 18% bei gleichzeitiger Reduktion des Gesamt-WIP um 33%.

3. Digitalisierung und Manufacturing Execution Systems (MES)

Moderne Technologien ermöglichen ein präziseres WIP-Management:

  • Echtzeit-Tracking: RFID- oder Barcode-basierte Verfolgung von Material im Produktionsprozess
  • Predictive Analytics: Vorhersage potenzieller Engpässe und Stauungen
  • Digitale Zwillinge: Simulation von Produktionsabläufen zur WIP-Optimierung
  • KI-gestützte Produktionssteuerung: Dynamische Anpassung der Produktionsparameter

Praxisbeispiel: Ein Präzisionsmaschinenbauer implementierte ein MES mit Echtzeit-WIP-Tracking und reduzierte dadurch die WIP-Bestände um 29% und die Suchzeiten für Komponenten um 76%.

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4. CONWIP (Constant Work in Progress)

CONWIP ist ein hybrides Push-Pull-System zur WIP-Begrenzung:

  • Globale WIP-Begrenzung: Festlegung eines Maximalwerts für den Gesamt-WIP
  • Eintrittssteuerung: Neues Material wird nur freigegeben, wenn fertiges Material den Prozess verlässt
  • Vereinfachte Steuerung: Im Vergleich zu Kanban weniger Karten und einfachere Verwaltung
  • Flexiblere Produktmix-Anpassung: Bessere Eignung für Umgebungen mit hoher Produktvielfalt

Praxisbeispiel: Ein Möbelhersteller implementierte CONWIP und konnte seinen WIP-Bestand um 52% reduzieren, was zu einer Durchlaufzeitverkürzung von 68% führte.

5. Critical Path Method und Critical Chain Project Management

Für kundenspezifische oder projektbasierte Fertigung:

  • Kritischer Pfad: Identifikation und Optimierung der zeitbestimmenden Aktivitäten
  • Ressourcenpuffer: Strategische Zuordnung von Ressourcen zu kritischen Aktivitäten
  • Multitasking-Reduktion: Fokussierung auf den Abschluss begonnener Arbeiten
  • Terminpuffer-Management: Strategische Verteilung von Zeitpuffern

Die Balance zwischen zu viel und zu wenig WIP

Während übermäßiger WIP offensichtliche Nachteile hat, kann auch zu wenig WIP problematisch sein:

Nachteile von zu hohem WIP

  • Kapitalbindung: Erhöhte Bindung finanzieller Mittel
  • Verlängerte Durchlaufzeiten: Nach Little's Law (DLZ = WIP / Durchsatz)
  • Erhöhter Platzbedarf: Mehr Fläche für Zwischenlagerung erforderlich
  • Erschwerte Qualitätssicherung: Spätere Erkennung von Fehlern
  • Reduzierte Produktionsflexibilität: Längere Umrüstzeiten bei Produktwechseln

Risiken von zu niedrigem WIP

  • Produktionsausfälle: Keine Puffer bei Maschinenstörungen
  • Ressourcen-Unterauslastung: Leerlaufzeiten durch fehlenden Nachschub
  • Reduzierte Durchsatzstabilität: Höhere Anfälligkeit für Schwankungen
  • Lieferengpässe: Gefahr von Lieferverzögerungen bei unvorhergesehenen Ereignissen

Optimalbereich finden

Die Bestimmung des optimalen WIP-Niveaus erfordert eine ganzheitliche Betrachtung:

  1. Produktionscharakteristik analysieren: Variabilität, Produktkomplexität, Nachfragemuster
  2. Engpässe identifizieren: Strategische Puffer vor limitierenden Faktoren platzieren
  3. Empirische Tests: Schrittweise WIP-Reduktion mit Leistungsmessung
  4. Dynamische Anpassung: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung an veränderte Bedingungen

Studien zeigen, dass der optimale WIP-Bestand typischerweise 30-50% niedriger liegt als der in vielen traditionellen Fertigungsbetrieben übliche Wert.


WIP-Management in verschiedenen Produktionsumgebungen

Die optimale WIP-Strategie variiert je nach Produktionstyp:

Hochvolumenfertigung / Massenfertigung

  • Charakteristik: Hohe Stückzahlen, standardisierte Produkte, repetitive Prozesse
  • Optimaler Ansatz: Strenge WIP-Begrenzung durch Kanban oder CONWIP
  • Typische Kennzahlen: Niedrige WIP-Ratio (<0,5 Monatsumsatz), hoher WIP-Turn (>20)
  • Erfolgsfaktoren: Prozessstabilität, Taktzeit-Harmonisierung, präventive Instandhaltung

Kleinserienfertigung

  • Charakteristik: Mittlere Stückzahlen, Variantenvielfalt, flexible Prozesse
  • Optimaler Ansatz: Hybride Pull-Systeme, POLCA (Paired-cell Overlapping Loops of Cards)
  • Typische Kennzahlen: Mittlere WIP-Ratio (0,5-1,0 Monatsumsatz), mittlerer WIP-Turn (10-20)
  • Erfolgsfaktoren: Schnelle Rüstvorgänge, Gruppenteknologie, Puffer vor Engpässen

Auftragsfertigung / Engineer-to-Order

  • Charakteristik: Einmalige oder hochindividualisierte Produkte, projektbasierte Prozesse
  • Optimaler Ansatz: Critical Chain Project Management, CONWIP mit dynamischen Karten
  • Typische Kennzahlen: Höhere WIP-Ratio (1,0-2,0 Monatsumsatz), niedrigerer WIP-Turn (5-10)
  • Erfolgsfaktoren: Effektives Projektmanagement, strategische Pufferplatzierung, Synchronisation von Engineering und Produktion

Fallstudie: WIP-Optimierung in der Praxis

Ein mittelständischer Elektronikzulieferer mit 250 Mitarbeitern implementierte ein umfassendes WIP-Optimierungsprogramm mit beeindruckenden Ergebnissen:

Ausgangssituation

  • WIP-Wert: 4,2 Mio. € (entspricht 1,7 Monaten Umsatz)
  • Durchlaufzeit: 23 Tage
  • Liefertreue: 82%
  • Flächenbedarf für WIP: 420 m²

Implementierte Maßnahmen

  1. Prozessanalyse: Detaillierte Wertstromanalyse zur Identifikation von Engpässen
  2. CONWIP-Implementierung: Einführung eines globalen WIP-Limits
  3. Layout-Optimierung: Umstellung auf Fertigungsinseln mit One-Piece-Flow
  4. Digitales WIP-Management: MES-Integration mit Echtzeit-WIP-Tracking
  5. Mitarbeiterqualifikation: Schulungen zu Lean-Prinzipien und WIP-Management

Ergebnisse nach 8 Monaten

  • WIP-Reduktion: -58% (auf 1,8 Mio. €)
  • Durchlaufzeitverkürzung: -64% (auf 8,3 Tage)
  • Liefertreue: +15% (auf 97%)
  • Freigesetzte Produktionsfläche: 290 m²
  • ROI des Projekts: 312% innerhalb des ersten Jahres

Diese Fallstudie verdeutlicht das enorme Potenzial einer systematischen WIP-Optimierung für die Gesamtleistung eines Fertigungsbetriebs.


WIP-Optimierung im Kontext von Industrie 4.0

Die digitale Transformation eröffnet neue Möglichkeiten für das WIP-Management:

Echtzeitverfolgung und -steuerung

  • IoT-Sensoren: Kontinuierliche Überwachung von Materialbewegungen und Prozesszuständen
  • Digitale Kanban-Systeme: Elektronische Signale statt physischer Karten
  • KI-basierte Flusskontrolle: Automatische Anpassung von Produktionsparametern
  • Augmented Reality: Visuelle Unterstützung für Mitarbeiter bei der WIP-Handhabung

Predictive Analytics für WIP-Optimierung

  • Vorhersage von Engpässen: Frühzeitige Erkennung potenzieller Stauungen
  • Dynamische WIP-Limits: Automatische Anpassung an Nachfrage- und Kapazitätsschwankungen
  • Präventive Qualitätssicherung: Frühzeitige Erkennung von Qualitätsproblemen im WIP
  • Simulation von Produktionsszenarien: "What-if"-Analysen für optimale WIP-Niveaus
Digitalisierung der Produktion
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Digital Twins und virtuelle Produktionsplanung

  • Virtuelle Abbilder: Echtzeit-Repräsentation des physischen Produktionssystems
  • Simulationsbasierte Optimierung: Testen verschiedener WIP-Strategien im virtuellen Modell
  • Kontinuierliche Verbesserung: Automatische Identifikation von Optimierungspotentialen
  • Transparenz über Standorte hinweg: Globale Sicht auf WIP in verteilten Produktionsnetzwerken

Fazit: Strategische Bedeutung des WIP-Managements

Die Optimierung von Work in Progress ist weit mehr als eine operative Aufgabe der Produktionssteuerung – sie ist ein strategischer Hebel für die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen. Ein durchdachtes WIP-Management:

  • Verbessert die Unternehmensperformance: Durch reduzierte Durchlaufzeiten, höhere Qualität und gesteigerte Flexibilität
  • Stärkt die finanzielle Position: Durch Freisetzung gebundenen Kapitals und verbesserten Cash-Flow
  • Unterstützt die Nachhaltigkeit: Durch effizienteren Ressourceneinsatz und weniger Verschwendung
  • Fördert die digitale Transformation: Als integraler Bestandteil moderner Produktionssysteme

In der zunehmend volatilen und wettbewerbsintensiven Fertigungslandschaft wird die Fähigkeit, WIP effektiv zu managen, zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Unternehmen, die hier Exzellenz erreichen, werden nicht nur ihre Kosten- und Zeiteffizienz verbessern, sondern auch neue Maßstäbe in Kundenservice und Innovationsfähigkeit setzen können.

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